"Grüne Arche"
Nähert man sich ihm vom Wasser, mit dem Boot vom nahen Touristenhafen kommend, wirkt das Gebäude – zumal im nebligen Herbstwetter – zunächst wie eine Fata Morgana. Auf einer eigenen kleinen Insel gelegen, scheint es wie ein archaisches Schiff über der weiten Wasserlandschaft des Wetland-Parks zu thronen.
Das Besucherzentrum des XiXi-Parks in Hangzhou (im Yangtze-Delta gelegen wie das nicht weit entfernte Shanghai) ist eines von drei kleinen, ikonischen Ausstellungsgebäuden rund um den Park, das letzte nach denen von David Chipperfield und Arata Isozaki. Im vergangenen November wurde das Haus rundum fertiggestellt und offiziell übergeben und wird nun in den kommenden Monaten seinen zukünftigen Nutzungen zugeführt.
Zwischen dem siegreichen Entwurf von RhineScheme Architekten (internationaler Wettbewerb 2008) und Realisierung ist eine für China ungewöhnlich lange Zeit von fünf Jahren verstrichen. Das ist hauptsächlich der Zertifizierung des Gebäudes mit der höchsten LEED-Klasse (Platin) geschuldet; davon und von der geplanten Nullenergie-/ Nullemissionsbilanz gibt es bislang im ganzen Riesenreich nur eine Handvoll.
Der XiXi-Park, einziger chinesischer Wetland-Park, ist eine Attraktion für mehr als 1 Million Touristen jährlich, nur wenige Kilometer von Hangzhous Stadtzentrum mit seinem berühmten Westsee entfernt, einem der größten Touristenmagnete Chinas.
Das im Park gelegene Besucherzentrum ist mehr als nur ein LEED-Platin-zertifiziertes Nullenergiegebäude. Dafür ist seine Lage zu exponiert und bildhaft. Dafür ist auch die umgebende Seen- und Teichlandschaft zu eindrücklich und seine massenhafte Nutzung zu chancenreich.
Unmittelbar beim Haupteingang zum Park gelegen, dient das Haus hauptsächlich als erste Anlaufstelle für Touristen und als noch zu kuratierendes Ausstellungszentrum, in dem das Gebäude selbst eines der Hauptexponate ist. Daneben beherbergt es eine Zweigstelle der Zhejiang-Universität, eine der ältesten Chinas, für Lehrveranstaltungen im Bereich Umwelt und Ökologie.
Als Eingangsgebäude, das die Mehrheit der Parkbesucher passiert, ist das Haus eine wichtige Landmarke im weitläufigen, beinahe 12 km² großen Park. Es ist gleichzeitig ein Symbol für das ökologische Grundanliegen des Parks und gleichsam Logo und Ikone des gesamten Gebiets. Seine ökologische Avantgarde zeigt es auf beiläufige, aber selbstbewußte Art.
Die markante Dreiecksform erschließt sich zunächst nur aus der Luft oder von einem höher gelegenen Punkt in der Ferne. Erst im Gebrauch prägt sich die Grundfigur ein, vor allem durch das gewaltige, die Hauptausstellungsfläche überdeckende, ebenfalls dreieckige Glasdach. Es ist in Südwest-Richtung geneigt und gibt auf diese Weise den integrierten halbtransparenten PV-Paneelen die effizienteste Ausrichtung.
Die Architektur nimmt den Begriff ‚green building‘ beim Wort: Die grazile Holzfassade wächst beinahe mit seiner Umgebung zusammen, das Haus scheint direkt aus dem fruchtbaren Boden mit seiner üppigen Vegetation zu wachsen, das grasgrüne Dach ist über eine breite Rampe jedem Besucher frei zugänglich.
Das großzügig bemessene Gründach dient als zusätzlicher, attraktiver Freibereich und Belvedere für Touristen und Studenten, die aus erhobener Perspektive die charmante Wasserlandschaft überblicken oder ungestört ein wenig ausruhen wollen.
Während die bewegte Dachlandschaft von der Silhouette der nicht weit entfernten Berge inspiriert ist, verbindet der hölzerne Sonnenschutz der Fassaden das Gebäude direkt mit dem Grund und Boden und seiner Vielfalt an Gehölzen. Die Dichte der Holzlamellen wechselt dabei in Abhängigkeit von der Fassadenausrichtung: Süden und Westen erscheinen eher geschlossen, während die nördliche Gebäudeseite weitestgehend geöffnet ist.
Als Meilenstein auf dem Weg zu höherer Energieeffizienz und Nachhaltigkeit wurde das Haus von der lokalen Regierung als Demonstrationsvorhaben gefördert.
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