Kontext
Auf der Fischerinsel in Berlin Mitte erlebt man ein typisches Beispiel sozialistischer Stadtplanung, die diesen Bezirk ebenso prägt wie die preußischen Repräsentationsbauten. Tatsächlich bildet die Fischerinsel den südlichen Teil derselben Spreeinsel, die im Norden als Museumsinsel täglich tausende Besucher anlockt. Mit ihren Wohnhochhäusern, dem großen Parkplatz und dem Kreativhaus, welches in dem Gebäude einer ehemaligen Kindertagesstätte beheimatet ist, wirkt sie wie eine vergessene Rückseite zwischen historischem Hafen, dem Mühlendamm und den großen Geschäftshäusern der Umgebung. In diesem Kontext entwickelte sich das Kreativhaus zu dem sozialen Zentrum des Viertels, mit seinen Angeboten, dem kleinen Café-Betrieb und dem Spielplatz.
Kooperation
Zeichnungen und Modelle eines Kinderworkshops bildeten die Initialzündung, hier ein Baumhaus zu bauen. Es entstand im Garten des Kreativhaus e.V. im Rahmen des Art-Eco Projektes. Das Zusammenspiel unterschiedlicher Partner ermöglichte die Umsetzung: das Kreativhaus als Bauherr unterstützte den gesamten Prozess und betreute den Kinderworkshop, wir entwarfen und betreuten den Bau und die Umsetzung. Zusammen mit vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern aus unterschiedlichen Lebensbereichen und einem Budget von nur 5000 € wurde es im Herbst 2012 fertiggestellt. Seit dem Frühjahr diesen Jahres wird es vom Kreativhaus e.V. und der Nachbarschaft intensiv genutzt und ist zu einem offenen Ort geworden, der eine Restfläche zu einem neuen Identifikationspunkt auf der Insel macht.
Gestaltungskonzept
Drei Plattformen sind jeweils mit einer Treppe verbunden und winden sich mit dem aufstrebenden gelben Band der Brüstungen um den Baum. Bis zum Aussichtspunkt unter der Baumkrone schaffen sie unterschiedliche Aufenthaltsbereiche auf verschiedenen Höhen und machen den Baum nutzbar und die Natur erlebbar. Das Hinaufsteigen ändert die Perspektive auf das Umfeld und ermöglicht so einen Rückzugsraum inmitten der Stadt.
Konstruktion und Bau
Die gesamte Planung musste besonders auf die finanziellen Mittel und die freiwilligen Helfer ausgerichtet werden. Die Plattformen wurden in Segmenten am Boden vorgefertigt und anschließend am Baum auf maßangefertigten Auflagerringen aus Stahl montiert. Der Baum wird durch die Konstruktion nicht verletzt und kann weiter wachsen. Die vertikale Holzfassade ist tragend. Durch ihre geschwungene Form und die integrierte Absturzsicherung wirkt sie auch Raum bildend und erzeugt vielfältige Blickbeziehungen und Lichtsituationen.
Wirkung
Das Baumhaus Fischerinsel ist ein offener Ort für vielseitige soziale und künstlerische Nutzungen. Mit einem kleinen Budget und viel Engagement aller Beteiligten entstanden Aktionsflächen, die weit über die konventionellen Vorstellungen eines Baumhauses hinausgehen. Sie können flexibel belegt werden und ermutigen dadurch, sich den Raum weiter anzueignen und ihn zu erforschen. Durch den direkten Bezug des Bauens mit dem Objekt wird ein hohes Maß an Identifikation aller Beteiligter geschaffen und ein Bewusstsein, dass Architektur auch im kleinen Maßstab und an unvermuteter Stelle entstehen kann.
Adresse: Fischerinsel 3
10179 Berlin
Bauherr: KREATIVHAUS e.V.
Architekten: LEGEER ARCHITEKTEN
Dipl.-Ing. Florian Kneer
Dipl.-Ing. Bernita Le Gerrette
Fotograf: Andreas Labes
Bauzeit: Juni 2012 bis Oktober 2012
Nutzfläche: ca. 26 qm
Baukosten: ca. € 5000 aus Spendengeldern
Sponsoren
Fonds Soziokultur
Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung
Stiftung Pfefferwerk
Aktion Mensch
Stiftung Naturschutz Berlin
Legeer Architekten
Art.Emergency
Thein und Rios
Ehrenamtliche Helfer
Martin Becker Enrico Röhner
David Breun Klaus Samuel Steinert
Klaus Buchholz Florian Kneer
Krisztina Csörgei Stefan Pannwitz
Alexandra Henn Katharina Lüdicke
Leander Hörmann Antonin Vogt
Achim Horn Alexander Krebs
Thorsten Hörmann Robert Ehmann
Klaus Stöckel
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