Im Dezember 2010 gewann Franz Reschke den Internationalen Wettbewerb zur Gestaltung eines Ortes der Jüdischen Geschichte in der historischen Altstadt von Lviv / Ukraine. Die Jury fand mit Beteiligung der jüdischen Gemeinde sowie der Stadt Lviv unter dem Vorsitz des Schweizer Architekten Carl Fingerhuth statt.
Unterstützt durch die Stadt Lviv sowie der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wurde das Wettbewerbsergebnis in den folgenden Jahren vor Ort präsentiert, mit der jüdischen Gemeinde und Historikern und Denkmalpflegern abgestimmt und die Planung und Vorbereitung der Realisierung begonnen.
Die Inhalte für die geplante Ausstellung werden gegenwärtig in einem diskursiven Prozess mit dem Zentrum für Stadtgeschichte Osteuropas sowie der jüdischen Gemeinde definiert. Das Projekt stellt einen wesentlichen Bestandteil des Vorhabens „Altstadtsanierung und Kommunalentwicklung in Lviv“, koordiniert von der GIZ, dar.
Die Vorgaben für die Realisierung setzen nachhaltig Standards bezüglich Materialgüte und Fertigungsqualität in der Ukraine.
Erläuterungstext
Annäherung Thema
Der Besuch an den Orten der nationalsozialistischen Verbrechen ist bedrückend, die Schwere ist fast materiell fühlbar. Die Verbrechen überlagern zu großen Teile die jüdische Identität und Vielfalt vor und nach dem Holocaust.
Annäherung Ort
In der Mitte des jüdischen Viertels der historischen Altstadt von Lviv wurden durch die Nationalsozialisten zwischen 1941 und 1943 zwei Synagogen sowie ein Schulgebäude zerstört. Die Dichte der erhaltenen Spuren, Ihre gegenwärtige Wahrnehmbarkeit und ihre vormalige räumliche Einbindung variieren. Diese Varianz in Geschichte und Gegenwart wird in drei verschiedene zukünftige räumliche Situationen und Atmosphären übersetzt, gleichzeitig werden drei unterschiedliche Zugänge zur jüdischen Kultur und Geschichte vermittelt: abstrakt, lebendig, authentisch.
Konzept
3 Gebäude - 3 Orte - 3 Atmosphären
Authentisch - Die Ruinen der Golden Rose Synagogue werden durch einen Steg behutsam erschlossen und geschützt. Sie bleiben der jüdischen Gemeinde vorbehalten. Eine eventuell geplante Rekonstruktion der Synagoge bleibt möglich.
Lebendig - Eine in die Ruinenmauern des Schulgebäudes eingebettete Grünfläche bestanden mit Ölweiden dient als Treffpunkt für die jüdische Gemeinde und Besucher. Transluzente Betonmauern geben Besuchern die Möglichkeit mit Kreide Erinnerungen zu hinterlassen. Das Lesen und Reflektieren helfen Bewusstsein zu bilden, der Ort wird zum lebendigen Ort des Austausches.
Abstrakt - Eine glatte, leicht geneigte Betonfläche gefasst von einer sich herausstellenden flachen Mauer zeigt die Fehlstelle der großen Stadtsynagoge im Stadtgrundriss. Das fehlende Mobiliar und die Innenmauern werden durch eine Aufrauung der Oberfläche gekennzeichnet und werden im Gegenlicht sowie bei Regen sichtbar.
Entwurf Synagogenplatz
Die Atmosphäre des geplanten Synagogenplatzes wird durch seine Leere und seine Offenheit für eine neue öffentliche Nutzung bestimmt. Durch die, anhand der vorhandenen historischen Pläne nachgezeichneten Aussenmauern der Großen Stadtsynagoge wird der Platz zum Straßenraum gefasst. Die Einfassung wird teilweise als Sitzmauer nutzbar - an der östlichen Mauer wird eine Sitzstufe in die Mauer eingeschnitten. Die glatte und helle Oberfläche aus Werkbeton wird differenziert behandelt, so das abstrahierte Spuren des vormaligen Interieurs der Synagoge sichtbar werden. Verstärkt wird diese Wahrnehmung durch den über die Fläche nach Osten ablaufenden Niederschlag, der die Bereiche in temporären Kontrast setzt. Die hochwertige Platzoberfläche wird selbst zum nutzbaren Möbel: durch die verschiedenen Oberflächentexturen wird die Nutzung als Sitzfläche angeregt. Die Balance zwischen der Bedeutung des Ortes als Gedenk- und Erinnerungsort und der Nutzung als öffentlichen Stadtraum wird sich zukünftig frei finden. Durch die artifizielle Leere und Materialität wird sich der Ort dennoch stets als Fehlstelle im Stadtraum wahrnehmen lassen. (...)
Planungsbeteiligte:
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
Center for Urban History of East Central Europe
Sophie Jahnke Gestaltung
Yuriy Stolarov Architekt
Mitarbeiter
B.Sc. Ninon Weber
Cand. B.Sc. Frederik Springer
B.Sc. Felix Brüssow
↧