Für die mittelalterliche Festungsanlage Sparrenburg in Bielefeld hat Architekt Max Dudler ein neues Besucherinformationszentrum entworfen. Nach einjähriger Planungs- und Bauzeit wird der Neubau am 17. September 2014 eröffnet. Ende dieses Jahres folgt als Zwillingsprojekt ein Informationspunkt für die nahe gelegene Garten- und Parkanlage Johannisberg ebenfalls nach Plänen von Max Dudler, der sich mit beiden Projekten im Realisierungswettbewerb im Jahre 2013 durchsetzen konnte. Durch das neue Besucherzentrum erhält der historisch gewachsene Burghof eine neue räumliche Fassung. Die Architektur des Besucherzentrums schreibt in Materialität und Ausdruck den Charakter der Festungsarchitektur in zeitgenössischer Form fort.
Von der Festung Sparrenburg sind nur wenige prägende Elemente erhalten. Der heutige Burghof, ursprünglich die Vorburg der Anlage, wird durch einen 37 Meter hohen Turm, das Hauptgebäude, ein Wirtschaftsgebäude sowie die Überreste eines Torhauses definiert.
Der Burghof bildet ein beliebtes Aussichtsplateau, das zur Stadt hin ausgerichtet ist.
Der eingeschossige Neubau ist als eigenständiger Baustein in die südöstliche Flanke des Burghofes eingesetzt. Gemeinsam mit dem Torso des Torhauses bildet dessen Baukörper einen neuen Torraum aus, der die historische Torschwelle wieder erlebbar macht.
Zugleich gelingt durch die Baufigur eine räumliche Fassung des Burghofes. Wie ein Kompass klärt der Eingriff die Abfolgen und Ausrichtungen der Außenräume und verbessert die funktionalen Voraussetzungen der heutigen Nutzung der Burg als Monument und Aussichtsplattform.
„Die Architektur ist keine Rekonstruktion eines bestimmten historischen Zustandes, sondern fügt sich als zeitgenössische Schicht in die wechselvolle Geschichte des Ortes ein“, sagt Max Dudler. Sie verhält sich unabhängig zu deren Bauphasen und Stilen in dem Sinne, als sie weder die mittelalterliche Burg, die neuzeitliche Festung, die Rekonstruktion des 19. Jahrhunderts oder die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges bevorzugt. Stattdessen überträgt die Architektur den Ausdruck der vorhandenen Substanz in eine heutige Sprache.
Vorgefundene Motive, wie etwa das Thema der Wandnischen im Festungsmauerwerk, werden im Neubau aufgenommen und neu interpretiert. Vor allem der Stampfbeton, aus dem der Körper des Besucherzentrums gegossen wurde, macht diese architektonische
Haltung sinnlich erfahrbar. Wie die Sedimentschichten gewachsener Steine fließen in die Wandflächen die Farben und Texturen der Burgruine ein: der Muschelkalk der Mauern und der Sandstein der Gewände. Die lebendige Struktur des trockenen Betons und
der Stampfschichten visualisiert gleichzeitig die hier geleistete handwerkliche Arbeit.
Der Neubau berührt das Fragment des Torhauses an keiner Stelle, sondern lässt einen Spalt zwischen alt und neu offen. Dadurch wird der Torraum für zwei nach rechts und links abzweigende Wege geöffnet. Der eine Weg führt auf die Terrasse des Hauptgebäudes, der andere zum hinteren Personaleingang. Der geradeaus laufende Hauptweg führt auch am Haupteingang des Besucherzentrums vorbei. Das neu geschaffene Ensemble aus Alt- und Neubau formuliert auf diese Weise einen Ort des Ankommens, der Verteilung und der Information. Im Besucherzentrum befinden sich ein Museumsshop und der Ticketbereich in einem Raum, der innen die gleiche Materialität wie die Fassade aufweist, sowie einen zum Burghof orientierten Kiosk an der nordöstlichen Seite.
Der noch im Bau befindliche Informationspunkt für die Garten- und Parkanlage Johannisberg liegt in weniger als zwei Kilometer Luftlinie nordwestlich von der Sparrenburg entfernt. Formal ist der Informationspunkt ein enger Verwandter des Besucherzentrums. Um eine gemeinsame Identität von Park und Burg zu formulieren, werden beide Häuser in Materialität, räumlicher Dimension und Fassadengestaltung eine gemeinsame Sprache sprechen.
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