Projektbeschreibung
Der zwischen 2012 und 2014 errichtete Neubau für die Molekularen Pflanzenwissenschaften liegt in Hannover in unmittelbarer Nachbarschaft der Herrenhäuser Gärten, einem der bedeutendsten Barockgärten Europas. Die Erschließung erfolgt von der Herrenhäuser Straße entlang von Gewächshäusern, Pflanztischen und Versuchsfeldern. Angelegt an die vorhandene Bebauung, nimmt der Neubau den Dialog mit dem Bestand auf und schließt das Ensemble zu einem neu definierten Platz ab. Der Haupteingang des Neubaus wird direkt von diesem Platz aus erschlossen. Das ca. 4.800 m² (NGF) große Gebäude dient, in dieser Zusammensetzung einzigartig in Deutschland, der Zusammenführung der Bereiche Mikrobiologie mit der Pflanzengenomik und Pflanzenproteomik sowie der Pflanzenernährung am Standort Herrenhausen. Konzeptionell gliedert sich das Gebäude der Länge nach in einen nördlich gelegenen „Hightech-“Bereich und einen südlich der Brandwand gelegenen „Lowtech“-Bereich. Hierdurch bleiben für die Zukunft Wandlungsmöglichkeiten der Labore erhalten und die Installationen bleiben konzentriert.
Städtebauliche Einbindung
Der Neubau der Molekularen Pflanzenwissenschaften bildet im Kontext mit den bestehenden Institutsgebäuden einen vierseitig gefassten Innenhof. Leitidee des Entwurfskonzeptes ist es hier einen Platz zu gewinnen, der als Entreé für das Laborgebäude sowie als ‘Verteiler‘ für die Fußgängerströme zwischen neuen und bestehenden Einrichtungen fungiert. Der Platz soll darüber hinaus Besuchern, Studierenden und Beschäftigten als Treffpunkt und Ort des Kommunizierens und Verweilens dienen. Der Neubau zieht sich, so kompakt wie möglich, in die städtische Dichte dieser Platzsituation zurück und lässt, den Empfehlungen Spengelins folgend, auf seiner Nord- und Westseite den Landschaftsraum und Kulturraum durchlässig. In Anlehnung an die Gewächshäuser des Campus wird die gebotene Maßstäblichkeit des Forschungsbaus durch das Fassadenmaterial unterstützt. Dem Gebäuderaster folgend wechseln sich Fensterelemente mit geschoßhohen, grün gefärbten Glasplatten ab. Der selbstbewusste Ausdruck schafft Identität.
Mehrwerte für Nutzer
Das barrierefrei erschlossene Gebäude mit seinen öffentlichen Bereichen im Erdgeschoss wird durch die Lage am neu entstandenen Campusplatz und seine selbstbewusste Architektursprache zum Interaktionsort für die naturwissenschaftliche Fakultät. Im Mikrokosmos der Forschungsinstitute werden durch Kommunikationsinseln Orte der Anregung sowie der Entspannung geboten. In der Planungsphase wurde darauf geachtet die weitere Zersiedelung der gärtnerisch geprägten Landschaft zu vermeiden und die zusätzliche Bodenversiegelung so gering wie möglich zu halten. Hierdurch wird das biologische Mikroklima auf dem Grundstück und in der Nachbarschaft erhalten. Desweiteren wurden bestehende Grünflächen und Frischluftschneisen erhalten um das Biologische Mikroklima in der näheren Umgebung zu erhalten.
Zukunftsfähigkeit
Die Labore sind innerhalb der 400m² großen Nutzungseinheiten ohne großen baulichen Aufwand umzunutzen, da die Strukturen von Erschließung und Infrastruktur neutral konzipiert sind und so flexibel auf Veränderungen reagieren können. Das ist Teil des wissenschaftlichen Alltags – Forschung ist frei und entwickelt sich, da dürfen Wände kein Hinderungsgrund sein. Insofern wurde auch bei der Konzeption der Anlagentechnik auf eine 30% Installationsreserve geachtet. Da auch der Einsatz von wissenschaftlichen Großgeräten ständig variiert sind die Erschließungselemente entsprechend flexibel ausgelegt. Im Falle steigender Laborraumkapazitäten bieten die Bürobereiche eine mögliche Ausbaureserve. Dieser verfügt über die gleiche Geschoßhöhe wie der Laborbereich und kann durch die Aktivierung von Vertikalstrukturen – derzeitig als Umkleiden genutzt- mit entsprechender betriebstechnischer Infrastruktur versorgt werden. Neben diesen internen Erweiterungsflächen steht westlich ein weiteres Baufeld zur Erweiterbarkeit in Längsrichtung zur Verfügung.
Gestaltungsqualität
In der Wissenschaft ist ein „Kampf um die Köpfe“ entbrannt. Die verschiedensten wissenschaftlichen Einrichtungen werben weltweit um die Besten ihres Faches. Dabei geht es den Forschern neben dem wissenschaftlichen Renommee, den finanziellen und kulturellen Möglichkeiten heutzutage immer mehr auch um die unmittelbare Qualität des Arbeitsumfelds ihrer zukünftigen Wirkungsstätte. Bei dem Neubau für die Molekularen Pflanzenwissenschaften wurde beispielsweise ein besonderer Schwerpunkt auf den Bedarf an ungeplanter, informeller Kommunikation direkt am Ort der Forschung gelegt. Aus diesem Grunde wurden an den Innenhöfen gelegen attraktive Fluraufweitungen konzipiert, die diese Form der Kommunikation geradezu provozieren sollen. So ist die Schaffung einer kreativen, schöpferischen Atmosphäre die Grundvoraussetzung für wissenschaftliche Höchstleistung.
Die Innenräume nehmen sich in ihrer Gestaltung stark zurück. Der spielerische Umgang mit der Farbe Grün findet sich nochmals in der Gestaltung der Labore. Eine weitere Voraussetzung ist die Sichtbarkeit dieser Leistungen nach außen. Das Gebäude fungiert als „Sender“ des Bauherren. Das war bereits 1819 beim benachbarten Schloss Herrenhausen der Fall, als Hofbaumeister Georg Ludwig Friedrich Laves das Schloss in klassizistische Form umbaute. Damals reichte das Geld nicht für Naturstein und so ließ Laves die Putzflächen „sandsteinfarben“, also gelb streichen- die Geburtsstunde des „Herrenhäuser Gelbs“. Die Diskussion um die Gestaltung der Fassade bei unserem, dem Schloss benachbarten, Forschungsneubau währte daher über 2 Jahre, allein die Auswahl der drei Grüntöne dauerte ein Jahr. Die Abkehr vom „Herrenhäuser Gelb“ und die selbstbewusste Markierung des „grünen Labors“ steht für das Selbstverständnis einer jungen Forschergeneration auf der Suche nach neuen Erkenntnissen. Die gläserne Haut spielt mit den allgegenwärtigen Gewächshäusern der grünen Fakultät und steht gleichermaßen für den wissenschaftlichen Anspruch der Universität in der Zukunft.
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