Aufgabenstellung
Das bestehende Hallenbad aus den 70 er Jahren befindet sich an der Schönaicherstraße, südlich des Stadtzentrums von Böblingen. Es wird auf der südlichen Seite von einer parkartigen Grünanlage umschlossen, in der ein See, der Gansseegraben sowie der Murkenbach liegen, der mit den innerstädtischen Seen an der Kongresshalle verbunden ist – zusammen wirken sie als qualitätsvolle innerstädtische Erholungsfaktoren.
Die 2009 mit dem ersten Preis im Architektenwettbewerb nach RPW prämierte Arbeit wurde in einer Bauzeit von 18 Monaten umgesetzt und im März.2015 für den Schwimmbetrieb eröffnet. Bereits 2009 wurde in der, dem Wettbewerb vorausgegangenen Machtbarkeitsstudie, ein Raumprogramm für eine Erweiterung des Schönaicher Hallenbades als Schul- und Vereinsschwimmbad mit alternativen Anbaustandorten entwickelt. Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie: eine Erweiterung des Bestandbads nach Osten, inklusive der Einbindung des Gansseegrabens dessen Renaturierung sowie die Neuerrichtung einer Schwimmhalle mit autarker Technikeinheit und die Optimierung der bestehenden Anlieferung.
Das Konzept der Mitnutzung und Umbau bestehender Nebenraumflächen des Hallenbades für die Erweiterung wurde aus wirtschaftlichen Überlegungen entwickelt, da die Raumreserven des bestehenden Hallenbades nicht neu errichtet werden mussten.
Lage und Erschließung
Das Bestandsbad bildet einen großvolumigen Baustein in der großzügig und parkartig angelegten Grünanlage des Schul- und Sportzentrums. Im Norden schließt sich das Wohngebiet südlich des alten Friedhofes an, im Süden begleiten See und Murkenbach die Grünanlage. Der teilweise verdohlte Gansseegraben mit Bachlauf und Vegetation verläuft im Osten von Nord nach Süd zwischen Hallenbad und Schulzentrum. Öffentliche Fußwegeverbindungen flankieren die Gesamtanlage.
Die Anbindung an das bestehende Bad in Böblingen erfolgt als selbstständige und ablesbare Einheit. Das bestehende und unterkellerte Bad hat ein Schwimmerbecken mit Sprungbereich, ein Kleinkinderbecken und ein Lehrschwimmbecken. Der Umkleidebereich besteht aus Damen-/ Herrenumkleiden mit Schränken, Garderoben und Einzelkabinen sowie Mädchen-/Knaben-sammelumkleiden. Es wurden vier neue Umkleide- und Sanitärbereiche geschaffen, die durch Lehrer und barrierefreie Umkleiden und ergänzt werden. Diese befinden sich im umgebauten Bestandsgebäude.
Der Haupteingang mit Foyer erschließt den Saunabereich mit Saunahof im Untergeschoss über eine einläufige Treppe. Stiefel- und Barfußgänge erschließen die Nebenräume im Erdgeschoss, diese finden ihre Fortsetzung im Erweiterungsneubau. Die bisherige Rückseite erhält eine zusätzliche eigenständige Eingangssituation. Der neue Eingang wird barrierefrei mit einer Rampe erschlossen. Die neue Anlieferung befindet sich am neuen Eingangshof auf der Nordseite und erfolgt durch eine hydraulische Hubbühne für das unterkellerte Technikgeschoss.
Sie ersetzt die durch den Erweiterungsneubau wegfallende und steile Betriebszufahrt als Rampe.
Architektur
Prägnant für den bestehenden Hallenbaukörper ist die gewölbte Kuppel als Betonschale der Schwimmhalle von Heinz Isler. Die massiven horizontalen Attikabänder der vorgelagerten Nebenräume dominieren den Gesamteindruck des Bestandes.
Der neue Erweiterungsbaukörper setzt mit der anthrazitfarbenen Holzstruktur seiner Fassade in der parkartigen Grünanlage einen Akzent von ruhiger und klarer Gelassenheit. Er fügt sich als weiterer Jahresring in die großformatigen Gebäudestrukturen des Bestandes ein. Der introvertierte und hölzerne Kubus öffnet sich mit seiner raumhohen Verglasung gezielt zum Park und zum Bestand. Spiegelungen der Umgebung je nach Jahreszeit und Lichtverhältnissen bilden sich auf der Verglasung ab.
Holz als nachwachsender und nachhaltiger Baustoff wird in einer vertikalen Lamellenstruktur zu einer lebendigen und homogenen Fassade dem Sichtbeton des Bestandes entgegengesetzt.
Im Gebäudeinneren erlebt der Nutzer „räumliche und atmosphärische Qualität“ (Auszug Preisgerichtsbeurteilung Architektenwettbewerb.) Eine ruhige und angenehme Schwimmatmosphäre mit viel Tageslichtqualität wird durch die Reduzierung der Materialwahl mit weißen und kontrastierenden Sichtbetonoberflächen und durch die Tageslichtführung geschaffen.
Große opake Oberlichtkuppeln in der Akustikdecke lassen neben der vollständig verglasten Ostseite des Gebäudes viel Tageslicht in die Schwimmhalle.
Mit dem Gestaltungsmittel einer Gebäudefuge – an der Nordseite die Fortführung des Bestandes, auf der Südseite mit Rückstaffelung des Baukörpers – setzt der Entwurf eine Zäsur und löst den Erweiterungsneubau vom Bestand ab. Im Gebäudeinneren wird an dieser zentralen Stelle zwischen Bestands- und Erweiterungsbecken Raum geschaffen, der den Nutzern zusätzliche Aufenthaltsqualität bringt. Die großen quadratischen Wärmeinseln laden zum Verweilen ein. Von hier aus sind Blicke durch Fassadenöffnungen von der Schwimmhalle, in den Park und in das Foyer zu den Fönplätzen möglich. Die Integration des bestehenden Saunahofes und der neuen Anlieferung wird mittels Fassadenumgriff der Holzlamellen des Neubaus umgesetzt.
Der Besucher erreicht den Badneubau über einen kleinen, barrierefrei erschlossen Eingangsplatz und betritt das Foyer von Norden durch einen witterungsgeschützten Gebäudeeinschnitt des Erweiterungsneubaus. Vom Foyer aus sind durch eine Glaswand großzügige Blicke in die Schwimmhalle ermöglicht. Abholende Eltern können ihren Kindern beim Schwimmkurs zusehen.
Der Entwurf erweitert die bestehenden Stiefel- und Barfußgang. Innerhalb des Bestandes wurde der neue Umkleide- und Sanitärbereich umgebaut, bestehend aus vier neuen Sammelumkleiden. Familien und weitere Badegäste finden nach wie vor eigenständige Umkleiden im Bestandsbad. Die kompakte Anordnung der Funktionsbereiche ergibt eine klare Wegeführung mit einfacher Orientierung.
Von der neuen Schwimmhalle aus ist durch eine Fassadenöffnung eine direkte Verbindung in die bestehende Schwimmhalle ermöglicht. An dieser zentralen Stelle wurde ein neuer Regieraum positioniert, von dem aus alle Wasserflächen einsehbar sind.
Konstruktion
Das Tragwerk, die Dachkonstruktion und die Fassaden der Schwimmhalle sind in Holzbauweise ausgeführt. Vorgefertigte orthogonale Rahmen aus Brettschichtholzbinder
sind sichtbar in den Hallenbaukörper eingestellt. Der Anschluss der Holzstützen an den Binder erfolgt gelenkig über eine im Holz versenkte Stahlkonstruktion, aufwendige Rahmenknoten können somit entfallen. Zwischen den Hauptträgern sind Zwischenträger mit einer kleineren Bauhöhe eingebaut. Im Endzustand sind sie in den regelmäßig gelochten, weiß lasierten Dreischichtplatten der Akustikdecke integriert. Die Dachschalung aus Baufurnierplatten bildet den Dachaufbau des wärmegedämmten und extensiv begrünten Flachdaches aus.
Die Außenhaut wurde in einer durchgängigen Bekleidung in senkrechter Lattung aus gehobeltem Tannenholz und offenen Fugen als wärmegedämmte, hinterlüftete Fassade mit einer Holzunterkonstruktion ausgeführt. Die Lattung wurde mit einem Lasursystem behandelt. Durch die 3-Scheiben-Isolierverglasungen werden die Wärmeverluste des Hallenbades minimiert. Der außenliegenden Sonnen- und Blendschutz der Ostseite und die Reduzierung der Verglasung auf ein „Schwimmerfensterband“ der Südseite sorgen für ein angenehmes Raumklima.
Material- und Farbkonzept
Die Materialwahl im Gebäudeinneren ist bewusst reduziert gehalten. Die gestaltgebende weiß lasierte Holzuntersicht der gelochten Akustikdecke wird durch die Sichtbetonwandflächen und die weißen Feinsteinzeugfliesen in der Schwimmhalle ergänzt.
Das weiße Farbkonzept wird in den Sanitärbereichen für Wände, Böden und Türen fortgesetzt. Großformatige Signets auf den Türen der Umkleide- und Sanitärräume erklären die Wegeführung und erleichtern die Orientierung.
Kräftige Farbakzente in unterschiedlichen hellen und leuchtenden Farben in den jeweiligen Umkleiden unterstützen das Orientierungssystem und finden sich im Flur wieder. Die Decke der niedrigeren Gebäudefuge ist aus zementgebundenen Aquapaneelen in einem hellen kräftigen Gelbton gehalten. Sie ist von den aufgehenden Bauteilen abgelöst und bildet die Wärmeinselzone aus. Das Material des Schwimmbeckens ist Edelstahl, aus Gründen der Langlebigkeit Und der geringen Wartung. Es verleiht dem Bad eine hochwertige Ästhetik.
Wettbewerb 2009
Planungszeit 6/2012 - 6/2013
Bauzeit 6/2013 - 3/2015
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