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Internationale Kindertagesstätte Bonn

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Ein „Salettl“ für Kinder aus der ganzen Welt Als im Jahr 2009 ein Bewerbungsverfahren für eine internationale Kindertagesstätte in Bonn ausgeschrieben wurde, haben wir uns schon deswegen zur Teilnahme am europaweit ausgelobten Wettbewerb beworben, weil „Bauen für Kinder“ uns ein besonderes Anliegen ist, zugleich war „Bauen für Kinder“ damals bereits ein Arbeitsschwerpunkt unseres Büros. Als wir dann die Nachricht bekamen, dass wir am Wettbewerb teilnehmen durften, haben wir uns erst einmal sehr gefreut, dann aber rasch realisiert, für welchen besonderen Ort wir da einen Entwurf abgeben sollten. Das war nicht irgendwo in Bonn, nein es war ein Grundstück zu beplanen, einen Steinwurf entfernt vom „langen Eugen“, kaum weiter weg vom Plenarsaal und dem Kanzlerbungalow. In Architekten ausgedrückt: Egon Eiermann, Günther Behnisch, Sepp Ruf. Obendrein: Es waren auch noch deren wichtige Bauten. Jeden von Ihnen verehren wir sehr. Bange wurde uns deswegen zwar nicht, die Messlatte lag aber schon recht hoch. „Beruhigend“ war immerhin der Zweck des zu planenden Gebäudes, ein Kinderhaus. In diesem Bereich kannten wir uns aus und der repräsentative Anspruch dieser Bauaufgabe ist insgesamt entspannter. Unsere erste Frage im Entwurf lautet immer: Wo bauen wir? Was erfordert die Umgebung? Welchen Beitrag kann ein neues Gebäude für den Ort leisten? Soll es sich einfügen oder muss es selbst den Ort definieren ... Aus diesen Grundfragen gewannen wir eine Analyse und daraus wiederum eine Arbeitsthese: Unser Bauplatz liegt in einem Areal, das von überwiegend gründerzeitlichen, villenartigen Gebäuden eingefasst ist. Zu Zeiten der Bundeshauptstadt Bonn beherbergten diese Villen die Landesvertretungen der deutschen Bundesländer. Im Inneren des Karrees also lag unser Grundstück – letztlich war damit die Aufgabe, in einem Garten mit Blick auf den „Langen Eugen“ zu bauen. Schnell war der Gedanke geboren, das Thema des neuen Gebäudes solle „Pavillon“ sein, oder wie es im süddeutschen Raum heißt „Salettl“. Nur, ein „Salettl“ ist halt ein recht kleines Gebäude und die internationale Kindertagesstätte sollte ein 8-gruppiges Kinderhaus werden. Eigentlich hätten wir die Idee deshalb sofort verabschieden können, hätte sie nicht eine besondere Anziehungskraft entwickelt. Da war nämlich ein weiterer Aspekt – Pavillons sind häufig aus Holz gebaut, jedenfalls sind es leichte Konstruktionen. Mit Holz für Kinder bauen erschien uns ohnehin als angemessen – folglich gab es nun einen weiteren triftigen Grund am Grundgedanken festzuhalten. Allerdings, die ersten Baumassenstudien waren ernüchternd, der Baukörper wirkte zu groß. Die Arbeit am Grundriss half hier weiter. Ein 8-gruppiges Kinderhaus zu entwerfen, für kleine Menschen im Alter von „0“ bis 6 Jahren wirft die Frage nach der Gliederung der Innen- und Außenräume auf. Desweiteren muss man sich um die Orientierbarkeit im Gebäude ebenso kümmern, wie um eine „Adressbildung“ der räumlichen Einheiten. Da ein 8-gruppiges Kinderhaus nicht nur für Kinder recht ordentliche Dimensionen aufweist, war unsere Aufgabe die Räume zu gruppieren und Untereinheiten zu bilden. Je zwei Gruppenraumcluster haben wir dann zu einer L-förmigen Raumfolge verbunden. Im Inneren befinden sich die Kindergarderoben und die Treppe ins Obergeschoß, wo die nächsten beiden Gruppen zuhause sind. Damit war ein Kinderhaus für 4 Gruppen entstanden – in unserer Sprache ein „Salettl“ für 4 Gruppen. Wir haben diesem „Salettl“ noch zwei weitere hinzugefügt. Eines für weitere vier Gruppen und eines für gemeinschaftlich genutzte Räume. Insgesamt entstand so ein gegliederter, L-förmiger Bau. Dessen Baukörper fügte sich – im Arbeitsmodell überprüft – recht passabel in die Umgebung ein. Eigentlich hätten wir nun zufrieden sein können und unseren Entwurf zur Abgabereife bringen können. Leider lag aber unser Gebäude so auf dem Grundstück, dass eine Vorgabe der Auslobung nicht eingehalten werden konnte: unsere Kindertagesstätte überschritt das vorgegebene Baufenster – zwar nicht massiv, aber eben auch nicht geringfügig. Zweifel am gesamten Entwurf kamen nun auf. Deshalb untersuchten wir eine Reihe anderer Ansätze, die sich strikt an das vorgegeben Baufenster hielten, sie haben uns letztlich nicht überzeugt. Wir entschieden uns dann den Entwurf mit dem, uns bekannten „Mangel“ einzureichen. Es war offensichtlich die richtige Entscheidung. Heute steht das Haus. Es wurde so realisiert, wie im Wettbewerbsentwurf vorgeschlagen. Deshalb ist es auch ein Massivholzhaus geworden. Aus unserer Sicht ist das Bauen mit Holz ein Beitrag zum CO2- sparenden Bauen, denn Holz ist nicht nur ein CO2-neutraler Baustoff, es bindet vielmehr CO2, zumindest solange es verbaut bleibt. Der energetische Standard der internationalen Kindertagesstätte entspricht dem eines Passivhauses. Aber zurück zur Bauweise der internationalen Kindertagesstätte. Wir haben mit Holz für Kinder gebaut. Da ist der praktische und ökologische Aspekt das Eine, mit Holz für Kinder zu bauen hat jedoch einen ebenso wichtigen „pädagogischen“ Aspekt. Holz und Kinder gehören irgendwie ganz selbstverständlich zusammen. Ich meine damit gar nicht Holzspielzeug, sondern das Spielen mit Holz. Man denke an Baumhäuser, oder den Abenteuerspielplatz. Aus Brettern, Ästen und dergleichen entstehen da spielerisch Gebäude. Wenn wir Architekten nun mit Holz für Kinder bauen, entsteht hieraus eine Frage und ein Anspruch. Die Frage nämlich: Was kann Holzarchitektur für Kinder sein? Der Anspruch: Über das Praktische und Ökologische hinaus soll sie als Architektur auf die eigentlichen Bauherrn der internationale Kindertagesstätte, die Kinder, Bezug nehmen. Pädagogen nennen ein Gebäude manchmal den „ersten Erzieher“, ein Gedanke, der einen Hinweis auf ein Potential der Holzarchitektur gibt. Holz ist ein tektonisches Baumaterial: Tragen, Lasten, Stehen, Fügen wird in den Holzbauteilen dann sinnlich sichtbar, wenn beim Konstruieren auf diese Erkennbarkeit der Bauglieder geachtet wird. Wie ein Gebäude gebaut/gefügt ist wird also erfahrbar und ablesbar. Das Haus, seine Tektonik erklärt sich den Kindern. Mithin werden die Grundlagen der Architektur selbst sichtbar. Architektur kann über sich selbst „belehren“. Von diesem Ziel haben wir uns beim Planen und Bauen der internationale Kindertagesstätte in Bonn leiten lassen. Wir hoffen nun, dass es uns gelungen ist etwas von diesem Anspruch in dem Haus realisiert zu haben. Das letzte „Wort“ hat allerdings das Gebäude selbst.

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