Das neue Kirchenamt der EKM aktiviert eine innerstädtische Brachfläche und begegnet damit der Tendenz zu weiterem Flächenverbrauch: 150 neue Arbeitsplätze in 107 Büros beleben zusätzlich die Innenstadt und sind mit öffentlichem Nahverkehr (10 min-Takt), zu Fuß oder Rad leicht zu erreichen. Auf dem Grundstück wurden die beiden Baudenkmale Collegium Maius und Altes Archiv erhalten bzw. rekonstruiert, der historische Saal ist als repräsentativer Seminar- und Veranstaltungsraum auch für externe Nutzungen wieder hergestellt.
Städtebaulich ordnet sich das Ensemble in die mittelalterliche Baustruktur des 'Lateinischen Viertels' ein. Die geforderte Anzahl an Büros machte eine bauliche Erweiterung auf dem Grundstück erforderlich. Einzelbüros gewährleisten die gewünschte ruhige und vertrauliche Arbeitsatmosphäre. Der Neubau bezieht sich dabei rechtwinklig auf den historischen Gebäudebestand und bildet eine karreeförmig umlaufende innere Erschließung aus. Das markante, geschichtsträchtige Portal zur Michaelisstraße definiert weiterhin den Eingang und führt über die sich anschließende Eingangsachse zum zentralen Erschließungsfoyer mit neuem Haupttreppenhaus. Bei der Bewegung durch die Gebäude wechseln introvertierte Bereiche geschlossener Flure mit Aufweitungen für Gemeinschaftsfunktionen, wechselnde natürliche Belichtung und Ausblicke in den Innenhof. Der Besucher versteht auf diese Weise die Struktur des Gebäudes, die Mitarbeiter erleben das Ensemble als gemeinsames Haus.
Die serielle Addition gleicher Raumeinheiten steht immer in der Gefahr, zu schematischen und monotonen Reihungen zu führen. Neben den wechselnden Raumeindrücken der Erschließung reagiert die Fassade auf diese Bedingung, indem innerhalb des konstruktiven Rasters ein diszipliniertes Spiel unterschiedlicher Fenstergrößen und wechselnder Plattenformate aufgebaut wird. Versetzte Fensterebenen und vertikale Öffnungsflügel differenzieren die Fassade weiter.
Die Logik der Fassadenordnung korrespondiert insoweit mit der konstruktiven Tektonik der historischen Fachwerkfassaden.
Die Höhe des Neubaus bleibt unter der des historischen Bestands, so dass Collegium Maius und Altes Archiv im Stadtraum erlebbar und ablesbar bleiben.
Es war Gestaltungsabsicht, die baulichen Veränderungen durch Materialwahl und Detaillierung ablesbar zu machen, ohne den Gesamteindruck des Ensembles plakativ zu stören. So wurden beispielsweise im Foyer alte Wandflächen mit Spuren verschiedener Bauphasen sichtbar belassen und durch weißen Schlämmputz homogenisiert. Die neue Haupttreppe ist als skulpturale zeitgemäße Betonkonstruktion in den neuen Luftraum der Haupterschließung eingehängt. In der historischen Natursteinfassade erklären sich zusätzliche Fensteröffnungen ’auf den zweiten Blick’ dadurch, dass hier keine Sandsteingewände ergänzt wurden.
Im Sinne eines ressourcen- und flächensparenden Bauens sind die Büros auf einem Achsraster von 1,20 m kompakt organisiert. Um dennoch einen großzügigen Raumeindruck zu erreichen, sind die Räume geschosshoch verglast, die hochrechteckigen Fensterflügel erlauben einen effizienten Luftwechsel. Der Neubau ist hoch wärmegedämmt, Fensterkontakte schließen automatisch die Heizkörper, wenn die Fenster zum Stoßlüften geöffnet werden.
Das Flachdach wurde stadtklimatisch günstig mit einer extensiven Begrünung ausgeführt.
Im Untergeschoss verfügt der Neubau über Lagerräume mit elektrischen Rollregalen zur kompakten zentralen Archivierung des umfangreichen Aktenbestandes.
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