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Stadtquartier an der Welfenstraße, München

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Ort Mit dem Erweiterungsplan der Stadt München von 1891 wird das Baugebiet an der Welfenstraße erstmals überplant. 1896 wird von dem damaligen Stadtbaumeister Theodor Fischer ein Baulinienplan erstellt, dessen Gestaltungsvorgabe das Grundstück an der Welfenstraße als einen ‚Block‘ betrachtete. Noch heute ist das nördlich angrenzende Quartier der Oberen Au ein Beispiel für den ‚malerischen Städtebau‘ Theodor Fischers, der stark von den städtebaulichen Ideen Camillo Sittes geprägt war. Geschlossene Blockrandbebauung, kurze Straßen mit definierten Enden und kleinen Plätzen charakterisieren das Viertel. 2005 wurde für das bisher nur als Lagerfläche genutzte Grundstück ein geladener, internationaler städtebaulicher Wettbewerb ausgelobt, den 03 Architekten für sich entscheiden konnten. 03 Architekten antworten auf den historischen Kontext mit der Großform des städtischen Blocks und ergänzen die benachbarte Bebauung um einen Stadtbaustein, der in seiner vielfältigen Nutzungsmischung von Wohnen und Arbeiten, Kindertagesstätten, Cafés und Läden des täglichen Bedarfs das Quartier nachhaltig belebt und weiter entwickelt. Stadtraum Das Stadtquartier an der Welfenstraße steht auf einem der letzten unbebauten innerstädtischen Grundstücke im Münchener Stadtteil Au-Haidhausen. Nördlich von der stark befahrenen Welfenstraße und südlich von der Bahnlinie flankiert, bietet es im Süden einen unverbaubaren Blick über das Grün des Ostfriedhofs. Der städtebauliche Ansatz antwortet auf diesen Kontext mit der Großform des Blocks, dessen Bautypologie sich in der Tradition des Münchner Wohnungsbaus der 20er Jahre versteht. Die geschlossene Figur des Baukörpers gewährleistet den notwendigen Schallschutz gegenüber den Lärmemissionen von Bahntrasse und Welfenstraße und verzahnt sich durch Vor- und Rücksprünge mit dem Straßenraum sowie dem Grünraum zum Ostfriedhof. Die Welfenstraße erfährt durch die Kubatur der neuen Bebauung eine stadträumliche Präzisierung. Mit den beiden weit erkennbaren Kopfbauten am Tassiloplatz und in der Welfenstraße unterstützt der Städtebau die Adressbildung für den Block, der Auftakt und Endpunkt der neuen Bebauung definiert. Ein differenziertes Angebot an Freiräumen und Spieleinrichtungen bietet den Anwohnern die Gelegenheit zu geschütztem Spiel und Erholung vor der Haustüre. Insgesamt gliedert sich der städtische Block in fünf Höfe: Im Wechsel gibt es Erschließungs- und grüne Privathöfe mit unterschiedlichster Aufenthaltsqualität. Ein durchlässiges Wegenetz zwischen den Höfen schafft eine Verbindung zwischen dem bestehenden Straßen- und dem angrenzenden Grünraum. Die drei grünen privaten Wohnhöfe wurden als Garten konzipiert. Der westliche Erschließungshof bildet einen Hof als geschlossenen Platz in der Verlängerung der Auerbachstraße aus. Der zweite Erschließungshof ist als Gassenraum ein klassischer Typus und eignet sich nicht nur zur Erschließung der Wohnungen und der Kindertagesstätte, sondern auch als befestigter Spielraum und Treffpunkt für Kinder und Jugendliche des Stadtviertels. Entlang der Welfenstraße wird zukünftig eine Baumreihe das Objekt in das übergeordnete Straßenbaumsystem einbinden. Im Osten wird der räumliche Anschluss an eine Parkanlage hergestellt und die derzeitige Stichstraße entfernt. Aktive Kooperationen und Gestalterische Verantwortung Um die Qualität der baulichen Umsetzung zu sichern wurden 2008 vier ausgewählte Architekturbüros direkt mit der Hochbauplanung beauftragt, wobei 03 Architekten neben der künstlerischen Koordination zwei Bauabschnitte (Tassilo- und Regerhof), Stefan Forster und Peter Ebner je einen Bauabschnitt (Löwenhof) und Hild und K den Gewerbebauteil des Regerhofs realisierten. Um die Umsetzung einer einheitlichen Gestaltung zu steuern und deren Qualität zu sichern, gab es nach Planungsbeginn und im weiteren Verlauf aktive Kooperationen in Form von begleitenden Workshops, in denen sich die Architekten in gemeinsamer Diskussion verständigten und u.a. als verbindendes Thema für die Fassaden das Relief der Stadt entwickelten. Fassade Die Fassaden des gesamten Blocks begreifen die Architekten als Teil des öffentlichen Raumes der Stadt. Gleichzeitig sind es jene Flächen, an denen die unterschiedlichen architektonischen Handschriften der vier Architekten unmittelbar nebeneinander sichtbar werden. Die Fassaden bilden in ihrer plastischen Ausformulierung das Relief der Stadt ab und beziehen sich auf die gründerzeitliche Putzfassadentradition Münchens. Durch das Motiv des Fassadenreliefs fügen sich die Einzelarchitekturen zur angestrebten Großform des städtischen Blocks zusammen. Vielfalt in der Einheit Die nutzungs- und wohnungstypologische Vielfalt von 480 Eigentums- und Mietwohneinheiten im freifinanzierten wie geförderten Wohnungsbau, zwei integrierte Kindertageseinrichtungen für insgesamt fast 200 Kinder und 12 000 m² Gewerbefläche für Büros und Einzelhandel ermöglichen und fördern eine hohe gesellschaftlich-soziale Durchmischung der Bewohnerschaft. Ein Supermarkt mit Bäckerei, ein Drogeriemarkt, eine Kindertagesstätte sowie das Eiscafé am Tassiloplatz belegen und beleben die Sockelzone an städtebaulich relevanten Stellen des Blocks. Die Vor- und Rücksprünge des Baukörpers bilden platzartige Aufweitungen im Straßenraum aus, die zum Verweilen und Begegnen einladen. Die fünf Höfe, als Erholungs- und Begegnungsorte ausgebildet, sowie deren durchlässiges Wegenetz verweben sich untereinander und mit dem angrenzenden Quartier. Der Stadtbaustein versteht sich als eine Untersuchung darüber, wie innerhalb der Rahmenbedingungen des aktuellen Wohnungsbaus Städtebau im klassischen Sinne möglich ist. Ein Städtebau, der einen zusammenhängenden Stadtraum mit nachhaltigen, räumlichen und gestalterischen Qualitäten schafft. Tassilohof Der erste von 03 Architekten realisierte Bauabschnitt umfasst einen 6-geschossigen U-förmigen Wohnungsbau mit 7–8 geschossigem Kopfbau zum Tassiloplatz hin um einen begrünten privaten Hof (Tassilohof). Insgesamt wurden hier 117 freifinanzierte und 16 geförderte Wohneinheiten (München Modell Eigentum), im Sockelgeschoss eine Kindertagesstätte, Gastronomie sowie sieben Stadthäuser im Innenhof untergebracht. Die Zeile der schmalen 3-geschossigen Stadthäuser wird über einen Erschließungshof erschlossen und trennt diesen gleichzeitig vom grünen Privathof ab. Die Wohnungen in der umliegenden Blockrandbebauung werden über zentrale Treppenhäuser erschlossen. Alle Wohnungen sind als Zweispänner konzipiert und orientieren sich zum ruhigen Innenhof. Dabei antworten unterschiedliche Wohnungstypologien auf die jeweilige Orientierung und Lage im Block. So befinden sich z. B. über der integrierten Kindertagesstätte in erster Linie große Familienwohnungen (Wohnungstyp Patio- und Maisonette). An der Südseite, am sogenannten Sägezahn werden die Loggien und Wohnräume in den Hof heraus gedreht, um eine Orientierung nach Westen zu ermöglichen (Wohnungstyp Sägezahn). Im Osten zwischen Tassiloplatz und Hof vermittelnd, orientieren sich die Wohnungen dort um einen Kern und haben je eine platz- und eine hofseitige Loggia. Schmale und breite Grundrisse ermöglichen flexible und variantenreiche Wohnungsgrößen (Wohnungstyp Flexibel). Die Kindertagesstätte (in Arge mit omarc Architekten) ist in das Erdgeschoss integriert. Sie beinhaltet insgesamt zwei Kindergarten- und drei Hortgruppen für 125 Kinder. Die Gruppenräume sind nach Süden orientiert und haben im Erdgeschoss einen direkten Zugang in den Freibereich. Das äußere Erscheinungsbild der Kindertagesstätte integriert sich in das städtische Erscheinungsbild der Wohnbebauung und belebt die Erdgeschosszone zur Welfenstraße. Eine kubistisch anmutende, waffelförmig modellierte Fassade antwortet auf den Kontext der Stadt und interpretiert das Thema der klassischen Lochfassade neu. Die hofseitigen Fassaden verhalten sich je nach Nutzung flächig oder rhythmisieren durch ihre Ein- und Ausstülpungen im Loggien-Bereich der Wohnungen bzw. der herausgedrehten Wohnzimmer. Regerhof Der zweite von 03 Architekten realisierte Bauabschnitt ist Teil des Regerhofs mit Gewerbeflächen für Büro- und Einzelhandel, dem Supermarkt sowie einer Quartierstiefgarage. In dem 6-geschossigen H-förmigen Bauteil um einen öffentlichen gassenartigen Erschließungshof entstanden 106 geförderte Mietwohneinheiten (90 EOF, 16 München Modell Miete) sowie eine integrierte Kooperationseinrichtung für Kinder (in Arge mit omarc Architekten). Alle Wohnungen orientieren sich mit ihren Wohnräumen und Küchen um eine nach Süden oder Westen gelegene Loggia. Familienwohnungen liegen im Nord- bzw. Südriegel, Wohnungen für kleinere Haushalte am Laubengang über der Kooperationseinrichtung. Alle Wohnungen sind barrierefrei, sechs der Wohnungen rollstuhlgerecht ausgeführt. Eine unterschiedlich tief modellierte Putzfassade definiert zusammen mit großen, ruhigen Öffnungen die städtische Fassade zur Welfenstraße. Im Hofbereich bestimmt eine zweischichtige Fassade mit Loggien und Laubengängen als umlaufendes Thema die Fassade.

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