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Park am Löbauer Wasser, Landesgartenschau Löbau 2012

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Die Landesgartenschau Löbau 2012 in Sachsen gibt den Anlass, das industriell geprägte Gelände einer ehemaligen Zuckerfabrik und brachgefallener Textilindustrien wieder in den Stadtkörper einzugliedern und zu revitalisieren. Auf einem Plateau, nahe der Altstadt gelegen, thronte die Zuckerfabrik über dem Talraum des Löbauer Wassers. Von dort eröffnet sich ein grandioser Blick auf den Löbauer Berg mit dem Gusseisernen, einem historischen Aussichtsturm. Die Anlagen, wie der Rübenwaschplatz mit Sprinkleranlage, Wasserrinnen, Kalkofen und Rübenwaschwasserabsetzbecken besetzen das Plateau, den Hang und das Tal. Im weiteren Verlauf des Flusstales waren bis in die 90er Jahre hinein mehrere raumgreifende Textilfabriken angesiedelt, Sie versperrten das Tal und verwehrten den Zugang zum Wasser. Das Zuckerlager mit seinen eindrucksvollen Innenräumen und verschiedenen anderen ortsprägenden Relikten, wie die Absetzbecken bleiben in Erinnerung an die industrielle Nutzung erhalten und werden in einen neuen Zusammenhang gebracht. Den ver(miss)brauchten Landschaftsraum gilt es mit dem Zuckerplateau und der Altstadt zu verknüpfen und in einen Freizeit- und Erholungsraum umzugestalten, ohne die Geschichte des Ortes, seine Nutzungsspuren und Narben zu verstecken. Das topografisch anspruchsvolle Gelände wird über eine neue Wegeverbindung, die Berg- und Talpromenade, erschlossen, vom Zuckerplateau entlang des Löbauer Wassers im Tal bis hin zur Altstadt. Das Zuckerplateau wird zum großen, offenen, multifunktionalen Platz für Stadtfeste, Zirkus und Konzerte. Das behutsam sanierte Zuckerlager bietet Raum für Veranstaltungen, eine kleine Dauerausstellung erläutert die Prozesse der Zuckerfabrikation. Ein Baumhain aus Zuckerahorn markiert den Beginn der Promenade talwärts. Der Hain rahmt den zum Rübentower umgedeuteten ehemaligen Betonpfeiler der Rübensortieranlage. Die Rüben wurden in einem tief eingeschnittenen Betonkanal gesammelt und über Laufbänder zur Sortieranlage transportiert. Dieses geheimnisvoll anmutende Industrierelikt wird, mit Königsfarnen bepflanzt, zum prähistorischen versunkenen Garten. Ein im Rahmen der Tiefenenttrümmerung entdecktes ehemaliges Fundament der alten Fabrikhallen wird mit seiner kuriosen „Elefantenhaut“ als Artefakt präsentiert. Das „Kalkwäldchen“ verweist auf den Standort eines historischen, aus Gründen der Sicherheit abgerissenen Kalkofens. Kalk wird als Bestandteil im Produktionsprozess benötigt, um den aus den Zuckerrüben extrahierten Rohsaft mittels der Kalk-Kohlensäure-Reinigung von Nicht-Zuckerstoffen zu trennen. Aus kalkliebenden Gehölzen und Stauden entstand hier im Zusammenspiel mit Kalksteinplatten und -splitt ein ungewöhnlicher, blendender Gartenraum in Erinnerung an diesen wichtigen Bestandteil der Zuckerproduktion. Entlang des Schrägen Wäldchens, einem großen, geordneten Birkenhain, der den neuen Hang ins Tal überspannt, führt die Promenade hinunter in den Talraum mit den ehemaligen, schroff anmutenden Absetzbecken für das schlammige Zuckerrübenwaschwasser. Die mit rohen Betonwänden gefassten, zeitweise bereits trockengefallenen Becken bleiben erhalten und werden behutsam zu erlebbaren Wassergärten und Spielräumen, den so genannten Setzgärten transformiert. Ein schmaler Stahlsteg führt über das Wasser. Hier wird der Zucker in seinen verschiedenartigen Aggregatzuständen zum Gestalt gebenden Thema: Auf die trockenen Spielgärten Würfelzucker aus weißen Betonquadern und Zuckerhüte, Spielhügel aus weißem Tartan, folgen Wassergärten mit Puderzucker aus weißen Kunststoffbällen, das Zuckerwasser und im Zuckerrausch endet das süße Vergnügen. Dem Verlauf der Promenade folgend erschließt sich das Tal mit stillen Rückzugsorten am Löbauer Wasser. Dann öffnet sich der Blick zu den Wiesen, begrenzt durch die Kulisse des waldigen Stadthanges und der Altstadt. Mit einem gepflasterten Platz aus regionalem Basaltpflaster endet die Berg- und Talpromenade am Übergang zur östlichen Altstadt. Auf dem Platz wird die nicht mehr genutzte historische Eisenquelle des nahe gelegenen ehemaligen König-Albert- Bades als schmaler, eiserner Wasserlauf mit einfachen Mitteln sichtbar wiederbelebt. In Löbau werden die Bestandsrelikte, im Sinne einer Bricolage, einer Bastelarbeit, in einen neuen Kontext gestellt. Der Ort wird reorganisiert: Die ursprüngliche Nutzung, bereits verblasst, wird nicht negiert, sondern durch Addition neuer Elemente einer neuen Bedeutung zugeführt, die den Bezug zum historischen Kontext sucht. So entsteht eine neue Sichtweisen auf Altbekanntes und und der Zeitsprung von der Industrie- zur Freizeitlandschaft wird sichtbar.

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