Alle zwei Jahre, im Wechsel mit der Kunstbiennale, findet in Venedig mit der Architekturbiennale die wohl weltweit wichtigste Architekturausstellung statt. Das übergeordnete Thema der Biennale für die Hauptausstellungen ist FUNDAMENTALS, für die Nationenpavillons hat Koolhaas das Thema ABSORBING MODERNITY 1914 - 2014 ausgegeben.
Den Beitrag "10 Thesen" von der Nickl & Partner Architekten AG finden Sie vom 07.06.2014 bis 23.11.2014 im Rahmen der Ausstellung "Time Space Existence" im Palazzo Bembo, 2. Etage, Riva del Carbon, 4793-4785, 30124 Venedig, Italien.
10 THESEN
Anhand der Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Planung von Gesundheitsbauten haben wir 10 Thesen entwickelt, die die vielfältigen Aspekte einer - aus unserer Sicht - zukunftsfähigen Architektur reflektieren, die sich nicht nur an Funktionalität, sondern am Menschen und seinen Bedürfnissen orientiert.
These 1 Basics
Architektur kann die sinnliche Organisation von Nutzungen und die Gestaltung sozialer Räume formen; sie ist in der Lage, die Wahrnehmung zu steuern und Begegnungen zu lenken. Aufgabe des Architekten ist es, Räume zu schaffen, die sinnlich sind, also sämtliche Sinne des Menschen erfassen und eine Bildhaftigkeit erzeugen.
These 2 Identity
Was die visuellen Qualitäten einer Stadt ausmacht, sind Klarheit und Ablesbarkeit; Bereiche und Elemente der Stadt müssen leicht identifizierbar sein. Erst eine logische, einfache Struktur verleiht einem Gebäude Identität, Wiedererkennungswert und architektonische Qualität. Allein diese Qualität ermöglicht die Identifikation einer breiten Bevölkerungsschicht mit der gebauten Umwelt.
These 3_Social Justice and Functionality
Die Qualität von Städtebau und Architektur trägt wesentlich dazu bei, mit der Suche nach deroptimalen Gestaltung sozialer Kernbereiche für lebenswerte, gesunde Räume zu sorgen, die unsere kulturellen und ästhetischen Ansprüche erfüllen. Architektur muss und kann Antworten geben auf die von der Gesellschaft geforderten Werte wie Solidarität oder die Idee des privaten Wohlbefindens als kollektive Leistung.
These 4_Urbanism
Jede Stadt besteht aus einem Grundgerüst von Bauten und öffentlichen Räumen. Sie formen die Stadt und dienen dem Menschen zur Orientierung und Identifikation mit ihr. Es ist das soziale und kulturelle Kapital der Gesellschaft und das Fundament für zukünftige Projekte, sich in das Stadtbild einzufügen. Die Verzahnung und Interaktion eines Gebäudes mit dem städtischen Umfeld ist sein funktionaler und ästhetischer Mehrwert als Teil der Stadt.
These 5_Politics
Politik bestimmt gewisse Entwicklungen – gute wie falsche – und auch das Wesen der
Baukultur. Um dem demographischen und sozialen Wandel standzuhalten, müssen Architektur und Städtebau nachhaltige Strukturen bieten, die sich auf das Wohl des Menschen und die Gesellschaft richten. Gelingen kann dies nur unter der Voraussetzung einer wohlwollenden Unterstützung der Politik, die die Dringlichkeit einer zukunftsfähigen Stadtstruktur als Chance erkennt, einen gesellschaftlich wichtigen Beitrag zu leisten.
These 6_Program
Den Menschen in den Mittelpunkt der Architektur zu stellen, bedeutet, eine ständige
Auseinandersetzung zwischen Funktion und Form zu erreichen. Weder ein Funktionalismus, der Architektur als Vielzahl kleiner Probleme sieht, noch ein Formendrang, der ohne Rücksicht auf Bestand und Anforderungen einen bloßen Baukörper schafft, sind die Lösung. Eine eingehende Beschäftigung mit den Bedürfnissen und der Geschichte des Ortes sowie die optimale Erfüllung des Programms führen dagegen immer zu einem für alle Seiten befriedigenden Ergebnis.
These 7_Change
Gesellschaftlicher Wandel sowie neue technische und funktionale Möglichkeiten erfordern,
Kapazitäten für Veränderung und Erweiterung von Anfang an einzuplanen. Absolute Flexibilität ist jedoch falsch und eine Illusion. Vielmehr geht es um das Entwerfen eines offenen, auf künftige Bedürfnisse reaktionsfähigen und dennoch ökonomischen Programms. Die Überführung des Programms in nachvollziehbare Strukturen ermöglicht folgenden Generationen, die Entwicklung fortzuführen.
These 8_Space
Architektur erzeugt, gestaltet und gliedert Raum. Sie entsteht im Zusammenfügen von
Funktionen, die ihrer Nutzung entsprechend gestaltet werden. Dabei werden definierte Räume erzeugt und solche, die nicht festgelegt sind und als Zwischenräume fungieren. Diese eignen sich besonders, soziale Räume zu werden. Damit kann Architektur aus einer funktionalen Notwendigkeit einen Erlebnisraum zu schaffen.
These 9_Human
Architektur ist nie anonym, sie ist stets persönlich. Sie ist von Menschen für Menschen
geschaffen und tritt in Interaktion mit dem Menschen, indem sie seine Sinne anspricht und ein positives oder negatives Befinden hervorrufen kann. Erst in der Aneignung durch den Menschen entfaltet ein Bauwerk seine Wirkung. Architektur trägt damit entscheidend zum kulturellen und sozialen Gesicht einer Gesellschaft bei.
These 10_Challenges
Die Qualität von Städtebau und Architektur prägt die Welt von morgen, in der wir leben
müssen. Um Qualität zu erreichen, ist es nötig, sich der Herausforderung im Wettbewerb zu stellen. Nur in Konkurrenz und im Bestreben, die beste Lösung für eine Aufgabe zu erzielen, wird die Innovationsfähigkeit und Relevanz von Architektur unter Beweis gestellt und die beste Basis für zukunftsfähige Konzepte, Ideen und Perspektiven geschaffen.
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