Brückner & Brückner Architekten realisierten im oberfränkischen Baunach im Norden Bambergs den Umbau der ehemaligen Lechner Bräu in ein Bürgerhaus. Nachdem das Gelände Jahrzehnte brach gelegen hatte, ergriff die Stadt Baunach die Chance das ortsprägende Gebäude einer neuen Nutzung zuzuführen. Das Bräuhäuslein im Altstadtkern zeigt die für Oberfranken typische Verbundenheit mit dem Brauhandwerk. In der ehemaligen Brauerei Lechner, ein seit 1729 im Herzen Baunachs gewachsenes und seit 1987 nicht mehr betriebenes Brauereigelände wurde ein Bürgerhaus mit Veranstaltungssaal, Bücherei, Eiscafé und Räumlichkeiten für Gewerbe und Vereine eingerichtet. Die Transformation dieser Gebäudegruppe rundete die bisherigen städtebaulichen Maßnahmen im ensemblegeschützten Altstadtkern wie die Sanierung des gegenüberliegenden, als Seniorenheim genutzten, Jagdschlosses ab. Nicht nur wegen der zentralen Lage wird das neue Haus für die Bürger künftig eine wichtige Rolle im wirtschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt spielen.
Die sanfte Transformation des Brauhauses in ein Bürgerhaus und die Verknüpfung von Geschichtsbewusstsein mit zeitgemäßer Architektur standen bereits seit den ersten Entwurfsgedanken und dem Realisierungswettbewerb 2009 im Mittelpunkt der architektonischen Idee von Brückner & Brückner Architekten. „Ursprünglich sollte der Gebäudekomplex bis auf Torborgen und Turm abgerissen werden. Wir wollten das Ensemble jedoch mit seiner bis in die 1970er Jahre immer wieder überformten Skulptur, mit seinen verschieden Zeitschichten, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen, erhalten, weiterbauen und mit neuem Leben füllen“, so der Grundgedanke des Architektenteams.
Historische Elemente des bestehenden Gebäudeensembles beeinflussten die Architektur des neuen Bürgerhauses. Die charakter- und stadtbildprägende Kubatur – Mälzereiturm, Tor, Gast- und Sudhaus –, die Fassaden und das ortstypische, giebelständige Gasthausgebäude mit Schopfwalmdach blieben erhalten. In die aneinandergereihten Fassaden, jede mit der in ihrer Entstehungszeit typischen Fensterform und -anordnung, wurden an nur wenigen Stellen neue Öffnungen eingefügt und bestehende geschlossen. Die Lage dieser ehemaligen Fensteröffnungen im Brauereigebäude bleibt weiterhin als feinkörnig verputzter Abdruck im ansonsten grobkörnigen, handwerkliche Spuren zeigenden Putz erkennbar. Die in den 1960er Jahren nachträglich vergrößerten Fenster wurden zu den orts- und gebäudetypischen Proportionen und Fassadeneinteilungen rückgebaut. In die historischen Fensteröffnungen wurden wieder tief in der Laibung sitzende Holzfenster gesetzt; die neu in die Fassade eingefügten modernen Fenster sind flächenbündige Metallfenster.
Geschichte und Bedeutung der Brauerei soll in der neuen Nutzung als Bürgerhaus spürbar und erkennbar sein: Das Eingangstor mit dem charakteristischen Schriftzug „Lechner Bräu – Erste Baunacher Export-Bier-Brauerei“ empfängt die Menschen weiterhin und geleitet sie in einen ersten Hof, wo sich rechter Hand der Eingang zum ehemaligen Gasthaus befindet. Heute lädt hier ein Eiscafé – im und um das Bürgerhaus – zum Verweilen ein. Linker Hand steht der Mälzereiturm, der, erhöht und von seinen Anbauten befreit, heute als Ausstellungs- und Aussichtsturm dient. In Anlehnung an die für Brauereien typischen großen Fassadenöffnungen im Bereich des Sudkessels erhielt das Hauptgebäude eine Glasfassade, die einerseits von außen Einsicht in das Innenleben erlaubt und andererseits von innen den Blick auf die Baunacher Altstadt und die umgebende Landschaft freigibt, Innen- und Außenräume verschwimmen lässt. Die Treppenskulptur aus Edelstahlrohren erinnert an Bierkühler. Im früheren Kesselsaal der Lechner Bräu befindet sich heute – in einem neuen Kupferkessel – mit dem Veranstaltungssaal das Herzstück des Bürgerhauses.
Dieses Haus für die Bürger konnte folglich nur an einem Ort, nämlich in Baunach, gebaut werden. Seine Architektur ist nicht beliebig oder austauschbar. Sie steht für gebaute Tradition in der Region.
Die frühere Nutzung als Brauerei ist auch in der Materialität des neuen Bürgerhauses spürbar: Kupfer, Edelstahl, blanker warmgewalzter Stahl, Kellenwurfputz und einfache Materialien aus dem Industriebau dominieren. Der neue Putz, ein mineralisches Putzsystem mit handwerklichen Spuren, orientiert sich auf Grundlage des ursprünglichen Putzes am Turm, am historischen Vorbild und zieht sich einheitlich über alle Fassaden. Die Architekten Christian und Peter Brückner bringen die materielle Vielfalt auf den Punkt: „Das Bürgerhaus ist bunt ohne Farben“.
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