1. Allgemeines
Wasserlagen liegen im Trend. Jede deutsche Kommune, die über einen direkten Zugang zum Meer, zu Flüssen oder Seen verfügt, versucht, diesen imageträchtig auszubauen. In den vergangenen Jahren sind im gesamten Bundesgebiet ehrgeizige und richtungsweisende Projekte in Uferlagen entstanden, die den modernen Städtebau um einzigartige Qualitäten bereichern. Sie dienen vor allem der zentrumsnahen Erholung der Bewohner und der Entwicklung von Premiumlagen für unterschiedlichste Nutzungen. Besonders spannend sind diejenigen Stadtbauprojekte, die ehemalige Industriebrachen unter mehr oder weniger Erhalt des industriellen Charmes umnutzen und fallweise um interessante Neubauten ergänzen. Diesen Projekten gelingt in der Regel die Schaffung eines eigenständigen Quartiers in herausragender Uferlage mit außerordentlichen, neuen stadträumlichen Qualitäten, die es vorher nur selten gab.
So arbeitet auch die Stadt Krefeld bereits sehr mehr als zehn Jahren unter dem Arbeitstitel „Krefeld am Rhein“ intensiv an der Konversion der Gewerbelagen am Uerdinger Rheinufer. Bereits im Herbst 2009 wurden in einem Planungsworkshop die Grundlagen für diese städtebauliche Entwicklung am nördlichen Krefelder Rheinufer gelegt. Sie mündeten im Sommer 2009 in den rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 677/I. Durch Beschluss des OVG Münster wurde dieser allerdings nach begründeten Einsprüchen und Formfehlern im Juli 2011 aufgehoben. Bereits zwei Monate später wurde der Folgebebauungsplan Nr. 772 politisch auf die Reise gebracht, um hier möglichst schnell planungsrechtlich abgesicherte Rahmenbedingungen für eine Bebauung des Rheinufers auf einer Länge von etwa 650m zu schaffen. Zu einer ersten Offenlage kam es allerdings erst im Frühjahr 2014. Aufgrund erneuter zahlreicher Nachbesserungserfordernisse steht der Bebauungsplan Nr. 772 nunmehr vor einer weiteren, zweiten Offenlage, die im Herbst 2015 zum Satzungsbeschluss führen soll.
Der derzeit vorliegende Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 772 „Rheinblick“ legt die Möglich-keiten einer Bebauung von Norden nach Süden gestaffelt in vier Gewerbe- und zwei Mischgebieten fest. Innerhalb der Mischgebiete werden nach Norden hin gebietstypische Wohnnutzungen ausgeschlossen und hier der Schwerpunkt auf Büro- und Dienstleistungs-nutzungen gelegt. Die Wohnnutzungen konzentrieren sich im südlichen Plangebiet bis zur prominenten Spitze der ehemaligen „Rheinlust“ und liegen damit am weitesten von den industriellen Nutzungen des Chemieparks Uerdingen entfernt.
Mit der vorliegenden Planung wird die südlichste Plangebietsfläche (Mischgebiet 2.3 und 2.4) einer Wohnbebauung mit untergeordneten Gewerbeflächen zugeführt. Das Grundstück ist heute weitgehend eben und liegt in etwa auf dem Niveau der unmittelbar angrenzenden Dujardinstraße. Es ist dreiseitig von öffentlichen Verkehrs- oder Hafengebietsflächen umgeben. Gegenüber der nach Osten angrenzenden Rheinuferpromenade („Untere Werft“) liegt es im Mittel ca. 3,60 m höher. Im Westen und Süden des Plangebiets grenzt die Rampe zur Hafengebietsfläche der „Unteren Werft“ an. Sie wird gem. den Festlegungen des Bebau-ungsplan-Entwurfes Nr. 772 weiterhin öffentliche Verkehrsfläche bleiben, künftig jedoch nur noch als Fuß- und Radweg ausgebildet sein. Alle Grenzen zwischen dem Baugrundstück des Antragstellers Dr. Schmitter GmbH & Co. Immobilien KG und den angrenzenden Grundstücken (mit Ausnahme der Grenze zur Liegenschaft der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben BImA) sind mit bereits heute Hochwasserschutzanlagen versehen. Sie befinden sich in Teilen in baufälligem und nicht mehr funktionstüchtigem Zustand. Im Rahmen des Neubaus sollen die bestehenden Hochwasserschutzanlagen durch funktions-tüchtige Anlagen ergänzt werden. Durch die bestehenden Anlagen entsteht ferner für das Grundstück des Antragstellers eine Art Sockelsituation, die auch im Neubau erhalten werden soll.
2. Planung
Auf dem nach Süden hin dreieckig zulaufenden Grundstück der ehemaligen Spedition „Erlenwein“ werden zwei Baukörper geplant. Rheinparallel entsteht auf eine Länge von ca. 70 Metern auf einem hinter die bestehenden Hochwasserschutz-Anlagen gebauten Sockel-geschoss ein nach Süden hin in seiner Geschossigkeit ansteigender Baukörper. Mit vier Geschossen im Norden beginnend, werden innerhalb des stark gegliederten Baukörpers an seiner südlichen Spitze insgesamt acht Geschosse erreicht. Dabei verspringen sie etagen-weise sowohl in Ost-West-, wie auch in Nord-Süd-Richtung und kargen am südlichen Ende ab dem dritten Obergeschoss und einer Höhe von zwölf Metern über der Rheinpromenade ca. fünf Meter über die Grundstücksgrenze aus. Zwischen den Versprüngen entstehen interessante Zwischenräume mit großzügigen Dachterrassen, Loggien und Balkonen. Sie, sowie die unterzugslosen, raumhohen Verglasungen sind die Attraktion der Wohnungen.
An den rheinparallelen Baukörper grenzt im Norden ein weiterer Baukörper durch eine ca. drei Meter breite Fuge getrennt unmittelbar an. Er ist nahezu orthogonal zum rheinparallelen Gebäude in Ost-West-Richtung orientiert und bildet die südliche, städtebauliche Fassung der gem. Bebauungsplanes Nr. 772 dort vorgesehen öffentlichen Verkehrsfläche zwischen Dujardinstraße und Rheinufer. Zum Rhein hin sind auf etwa einem Drittel der Gebäudelänge vier Geschosse vorgesehen. Alle verbleibenden Gebäudeteile sind zweigeschossig geplant.
Gegenüber dem straßenbegleitenden Baukörper wird ein drittes Gebäude errichtet, das sich maßgeblich von den beiden erst genannten Gebäuden unterscheidet. Es gehört formal auch nicht zu diesen Häusern, sondern stellt das nördlich angrenzende, unter Denkmalschutz stehende Ensemble des historischen Zollamtes wieder her. In Bezug auf den bestehenden Nordflügel der Anlage wird es mit identischem Bauvolumen und gleicher Dachneigung erstellt, erhält jedoch andere Nutzungen. Hier finden künftig die gewerblichen Nutzungen sowie drei untergeordnete Wohnungen ihre Heimat. Die Erschließung aller Nutzungseinheiten im Gebäude erfolgt von Süden von der neu entstehenden öffentlichen Verkehrsfläche aus.
Alle drei Gebäude mit insgesamt 46 Wohnungen und drei Gewerbeeinheiten werden mit einer gemeinsamen Tiefgarage unterbaut. Durch das dreiseitig ringsum abgesenkte Gelände entsteht eine Sockelgeschoss, das unterschiedlich weit aus dem vorhandenen Gelände herausragt. Richtig wahrgenommen werden kann es nicht, da die vorhandenen Hochwas-serschutzanlagen es nahezu vollständig verdecken und lediglich diejenigen Konstruktionen erkennbar sein werden, die durch das Erreichen der geforderten Freibordhöhe hinter der vorhandenen Anlage überstehen. Die Einfahrt zur Tiefgarage befindet sich an der Rampe zur unteren Werft auf der westlichen Grundstücksseite. Neben den Stellplätzen für die Nutzer befinden sich im Sockelgeschoss auch sämtliche Keller- und Nebenräume, die für die geplanten Nutzungen notwendig sind.
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