Zum Gedenken an den Überfall der Wehrmacht 1939 auf Polen stiftete die CDU 1953 die Friedensglocke. Seitdem läutet sie jedes Jahr am 1. September in Frankfurt (Oder) und antwortet damit auf die Sirenen der Nachbarstadt Słubice jenseits der Oder-Neiße-Grenze.
Der 2002 ausgelobte Architektenwettbewerb sah eine Versetzung der unter Denkmalschutz stehenden Glocke sowie der Gedenktafeln vom Holzmarkt an die Uferpromenade vor und damit einhergehend einen neuen Glockenturm.
Der Entwurf übersetzt den Glockenturm in eine neue Formensprache und zeigt sich als metallischer Rahmen, in dem die drei Tonnen schwere Glocke mittig aufgehangen ist. Parallel zum Fluss ausgerichtet kann sie heute von beiden Seiten des Flusses vor dem Hintergrund der gegenüberliegenden Grenzstadt betrachtet werden. Die Läute-Richtung verläuft über den Fluss und symbolisiert den Frieden als verbindendes Element zwischen den beiden Staaten.
Eingebunden in die ebenfalls neu geplante Treppenanlage der Uferpromenade zeigt sich der neue Standort der Glocke in ihrem Edelstahlrahmen selbstbewusst. Die dadurch geschaffene Bühne präsentiert sie als einen wichtigen Bestandteil der Frankfurter Stadtgeschichte, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Die Gedenktafeln, die als fester Bestandteil des Baudenkmals an den historischen Ursprung der Glocke erinnern, wurden, mit neuen Rahmen versehen, in die Treppenanlage integriert.
Die Konstruktion besteht aus einem, mit 6mm polierten Edelstahlblechen bekleideten Stahltragwerk. Durch die Oberflächenbearbeitung – ausgeführt durch den Schlosser von Jeff Koons – wirkt der Turm wie aus einem Stück Stahl gegossen. Die Fähigkeit des Materials die Glocke, den Himmel, den Betrachter und seine Umgebung zu spiegeln, erzeugt immer neue Ein- und Durchblicke und schafft eine wunderbare Poesie.
Im Ganzen nimmt der Glockenturm nur einen kleinen Teil des gesamten Bauwerks ein. Um das Gewicht der Glocke samt der dynamischen Lasten während des Läutens im weichen Odergrund zu verankern, wurde er in einer 4 x 4 m großen und 1 m starken Stahlbetonplatte vergossen, die auf vier 20 m langen Bohrpfählen liegt.
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