Der Neubau mit Seminarräumen, Malsaal und Ateliers ergänzt den denkmalgeschützten Bestand aus den 1950er Jahren von Sep Ruf und vereint die Studiengänge für Freie und Angewandte Kunst erstmals mit der Kunstpädagogik an einem Standort. Als städtebauliches Pendant, parallel zu dem Bestand angeordnet, bildet der Neubau für die bestehenden Ateliers ein Gegenüber aus und schafft so einen Akademie-Campus, der als zentraler, klar definierter Grünraum die Arbeitsräume im Freien erweitert. Dadurch wird nicht nur die Kommunikation über die einzelnen Klassen und Fachgebiete hinaus gefördert, sondern auch der grüne Außenraum als identitätsstiftendes Merkmal der Akademie gestärkt.
Als Ausdruck einer selbstbewussten, modernen Akademie, präsentiert sich der Neubau im Stadtraum und entwickelt sich als langgestreckter, eingeschossiger Baukörper entlang der Erschließungsstraße. In Analogie zu der Architektur der Nachkriegsmoderne von Sep Ruf ist die Gebäudestruktur in drei getrennte, rechteckige Pavillons gegliedert, die unter einer zusammenhängenden Dachlandschaft positioniert sind. Mit ihren offenen Innenhöfen und überdachten Verbindungswegen bilden sie räumliche Zwischenzonen aus und erlauben den Passanten immer wieder Einblicke in das künstlerische Schaffen auf dem Akademiegelände. Auf diese Weise wird der Neubau zu einer durchlässigen Schnittstelle zwischen Stadt- und Kunstgeschehen. Um diese Durchlässigkeit und Verzahnung nicht nur räumlich sondern auch inhaltlich herzustellen und den Dialog zwischen Studenten, Künstlern und Laien zu erleichtern, sind in dem mittig angeordneten „Kommunikationspavillon“ zentrale, campusübergreifende Funktionen wie die Caféteria, der große Malsaal, das Bilderlager und der Multifunktionsraum untergebracht, die teilweise öffentlich zugänglich sind. In dem Café können sich Künstler und Anwohner bei kleinen Ausstellungen und Abendveranstaltungen treffen und der Multifunktionsraum, der mit einer Bühnenanlage ausgestattet ist, bietet Raum für Vorträge, Podiumsdiskussionen und künstlerische Darbietungen, die auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden können.
Als Entrée und neuer Hauptzugang zu dem Akademiegelände ist dem Café ein offener Hof vorgelagert, der im Sommer als Außenterrasse dient. Von hier aus gelangen die Studierenden zu den Sälen im Kommunikationspavillon oder über einen offenen Durchgang in den Innenhof des benachbarten Atelierpavillons. Wie die Wandelhalle eines Kreuzgangs ist der begrünte Innenhof von überdachten Gängen umgeben, die durch schlanke Stahlstützen rhythmisiert werden. Um den Innenhof gruppieren sich Ateliers und Werkstätten, die ausschließlich über den außenliegenden Wandelgang miteinander verbunden.
In dem dritten Pavillon, auf der gegenüberliegenden Seite des zentralen „Kommunikationspavillons“, befinden sich die Seminarräume. Ebenfalls um einen Innenhof herum angeordnet, sind hier die umlaufenden Erschließungswege jedoch in das Innere des Gebäudes verlagert und thermisch von dem Innenhof getrennt. Raumhohe Glasfassaden stellen visuelle Bezüge zum Innenhof her und erlauben einen Überblick über das Geschehen im gesamten Pavillon.
Die städtische Präsenz findet in der Materialität der massiven Sichtbetonwände und den nach Norden ausgerichteten Sheddächern und Oberlichtbändern, die die Ateliers gleichmäßig belichten, ihre Entsprechung. Als robuste, äußere Hülle wechseln sich die Sichtbetonflächen mit Glasflächen und geschlossenen Stahlblechelementen ab. Durch die beweglichen Schiebeelemente aus Streckmetall, die den Glasfassaden als Sonnenschutz vorgelagert sind, verändert sich das Erscheinungsbild der Fassade je nach Stellung der Sonnenschutzelemente.
Ebenso wie die Hülle, erhalten auch die Innenräume robuste Oberflächen. Weiß gestrichener Gipsputz, der sich bei Bedarf leicht reparieren lässt und rohe Betonoberflächen spiegeln den Werkstattcharakter des Gebäudes wider und unterstützen gleichzeitig das Energiekonzept.
Der Grundsatz des Energiekonzepts ist eine Primärenergie sparende, ökologisch nachhaltige und nutzerfreundliche Konzeption, die einen geringen Energiebedarf und geringe Betriebskosten sichert.
Aufgrund der hohen Fassadendämmwerte und der luftdichten Gebäudehülle hat der Neubau einen sehr geringen Wärmebedarf, der außerdem CO2-neutral durch den Einsatz von Biomasse in einem Holzpelletkessel abgedeckt werden kann. Ergänzt durch eine natürliche Be- und Entlüftung sowie den effektiven Sonnenschutz und die Speicherwirkung der massiven Bauteile konnten die Anforderungen der EnEV (Energieeinsparverordnung) 2009 um 15% unterschritten werden.
Mit dem bewussten Rückgriff auf die Gebäudestruktur der Nachkriegsmoderne und dessen zeitgemäßer Interpretation begründet der Neubau für die traditionsreiche Akademie eine bauliche Tradition.
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